
Europa-Union Kreisverband Osterholz
Vortrag auf dem Jahresempfang am 2. Oktober 2025
„Europa: Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand“
Frieden, Freiheit, Wohlstand – für einen der zur Babyboomer-Generation gehört und noch dazu in Westdeutschland, sprich in den alten Bundesländern, hier im Landkreis Osterholz geboren wurde, sind das Selbstverständlichkeiten. Für die allermeisten unter uns ebenso.
1945 – Europa liegt zu großen Teilen in Trümmern, viele Menschen demoralisiert und fürs Leben gezeichnet. Beherzte Frauen und Männer, die bereits den Ersten Weltkrieg als Erwachsene miterleben mussten, blickten nach vorn statt verbittert zurück. Staatsmänner wie Adenauer, Schumann, de Gaulle, de Gasperi hatten bereits 1918/1919 Überlegungen eines geeinten Europas angestellt. Leider setzte sich der Nationalismus in seiner schlimmsten Ausprägung durch, der in den Zweiten Weltkrieg führte. General Charles de Gaulle sagte bereits im August 1945 in Saarbrücken – also nur drei Monate nach dem Ende des schlimmsten aller Kriege: „Franzosen und Deutsche müssen einen Strich unter die Vergangenheit machen und zusammenarbeiten“.
Und unser erster Bundeskanzler Konrad Adenauer blickte voraus: „Eine Union zwischen Frankreich und Deutschland würde einem schwerkranken Europa neues Leben und einen kraftvollen Auftrieb geben.“.
Sie gingen ans Werk! Erinnern wir uns,
1870/71: Deutsch-französischer Krieg
1914-1918: Erster Weltkrieg
1939 – 1945: Zweiter Weltkrieg
…waren auch immer Kriege zwischen Deutschland und Frankreich.
Es ging immer wieder um die Vormachtstellung in Europa.
Das Ziel musste also sein, sich zu einen, statt sich weiter zu streiten. Statt miteinander Kriege zu führen galt es sich zu versöhnen und ein gemeinsames Wirtschaftsgebiet zu schaffen, dem sich auch weitere europäische Länder anschließen konnten. Denn, je größer ein Wirtschaftsgebiet ist, desto erfolgreicher lässt es sich entwickeln, das zeigten schon damals die USA. Zusammenarbeit schafft Freiheit und Wohlstand, so die Erkenntnis.
Dazu kam, dass die Aussöhnung Deutschlands mit Frankreich Grundvoraussetzung für die Einigung des Westens war. Das Ziel der genannten Staatsmänner war, ein kraftvolles, geeintes und freies Europa zum Wohle aller zu schaffen.
Es war also nicht nur die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich, die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinsaft als Vorstufe unserer jetzigen Europäischen Union, sondern auch die politische Einigung zunächst Westeuropas als Bollwerk der Freiheit gegenüber der kommunistischen Sowjetunion.
Robert Schumann, damaliger französischer Außenminister, sagte am 9. Mai 1950 in Abstimmung mit Konrad Adenauer: „Die französische Regierung schlägt vor, die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohle- und Stahlproduktion unter eine gemeinsame Oberste Aufsichtsbehörde zu stellen, in einer Organisation, die den anderen Ländern zum Beitritt offen steht. […]“
Es war ganz bewusst aus der Geschichte heraus das Ziel formuliert worden, zunächst die Wirtschaft zu einen und erst dann eine politische Einigung herbeizuführen.
Erinnern wir uns. Bereits 1834 wurde der Deutsche Zollverein gegründet. Dieser entwickelte sich später zum Norddeutschen Bund und 1870/71, nach dem Sieg über Frankreich und die damit verbundene Einigung der norddeutschen mit den süddeutschen Ländern, zum Deutsche Reich.
Hier führte also die wirtschaftliche Verflechtung zur politischen Einigung. Deutschland, bis dahin ein Land der Kleinstaaterei wuchs zusammen, wurde wirtschaftliche Großmacht in Europa. Eine mit der Mark einheitliche Währung, keine Zollgrenzen von Nordschleswig bis zu den Alpen, von Elsass-Lothringen bis ins Memelland. Deutschland konnte sich entwickeln, Handel und Wandel treiben. Neben der Weltmacht Großbritannien, wuchs Deutschland heran. Deutschland wurde das wirtschaftsstärkste Land auf dem Kontinent.
Was will ich damit sagen, eine florierende und starke Wirtschaft schafft Wohlstand und dieser wiederum schafft sozialen Frieden. Und sozialer Frieden schafft politische Stabilität. Das gilt damals wie heute. Man kann das auch als Quadrat bezeichnen mit den vier Eckpunkten Wirtschaft – Wohlstand – sozialer Frieden und politische Stabilität!
Mit der EWG, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die 1957 gegründet wurde, wurden die Zollgrenzen abgeschafft, die zu einem wirtschaftlichen Zusammenwachsen führten. Es ging hier vor allem auch um eine Wettbewerbsposition gegenüber den USA und anderen aufstrebenden Ländern. War 1900 noch London das Kraftzentrum der Welt, waren es nun die USA.
Die Unterzeichner der Römischen Verträge waren Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande und Deutschland. Diese Sechser-Gemeinschaft war quasi der Anfang der EU.
Und, wir konnten politisch und wirtschaftlich nur als EU gegenüber den Mächten wie die USA und der damaligen Sowjetunion bestehen. Das war damaliger Weitblick und ist heute Realität. In den letzten Jahrzehnten sind neue Wettbewerber wie China und Südamerika dazugekommen.
Konrad Adenauer sagte einmal: „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen, sie wurde eine Hoffnung für viele, sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle“
Während sich der Westen in Freiheit entwickelte und die Kreativität der Menschen nutzte, waren Mittel- und Osteuropa von der Entwicklung ausgeschlossen. Mauerbau und Stacheldraht hinderten die Menschen am Fortkommen – nicht nur in das freiheitliche Westeuropa, sondern auch persönlich. Wer die Wirtschaft betrachtete, der konnte nur Stagnation feststellen.
Unsere Gründungsväter sind von Beginn an für ein freies, geeintes und kraftvolles Europa eingetreten. Aber, zu Europa gehören auch Länder östlich des Eisernen Vorhangs – auch ihnen galt der Einigungsgedanke. Frieden in Freiheit war die Losung. Nur ein einiger, freier und starker Westen schuf die Freiheit für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, ja, für alle Menschen in der jetzigen EU.
1989 wurde schließlich die Teilung Europas überwunden. Die Wirtschaft im Osten war am Ende. Die Menschen wollten Freiheit. Eine Herkulesaufgabe begann. Staatsmänner wie die Bundeskanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl haben das Lebenswerk Konrad Adenauers auf ihre Art und Weise fortgesetzt. Durchgesetzt hat sich der Gedanke der Freiheit gepaart mit einem einigen und starken Westen.
Adenauer sagte einmal: „Ich war und bin überzeugt, dass nur eine feste, entschlossene Politik des Anschlusses an den Westen eines Tages die Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit bringen wird.“ Adenauer starb 1967 hochbetagt im Alter von 91 Jahren. Wie vorausschauend, 32 Jahre später wurden seine Worte Wirklichkeit. Nur die Stärke hat die Sowjetunion in die Knie gezwungen.
1992 wurde mit dem Vertrag von Maastricht die Europäische Union (EU) gebildet. Die Europäische Union ist eine einzigartige wirtschaftliche und politische Partnerschaft von 27 Ländern. Was sind ihre Ziele? Frieden, Freiheit und Wohlstand für ihre 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger und die damit verbundene soziale Sicherheit.
Fast 60% aller deutschen Exporte gehen in den europäischen Binnenmarkt. Das führt zu einem Wohlstandsgewinn von über 80 Milliarden Euro pro Jahr. Kein anderer Mitgliedsstaat profitiert so sehr davon wie Deutschland.
Frank Appel, Post-Chef bis 2023 sagte 2016: „Die Geschichte kennt kein einziges Land, das mit Abschottung erfolgreich war“
Bekanntlich hat sich Großbritannien am 23. Juni 2016 (vor neun Jahren) entschieden, der EU den Rücken zu kehren. Großbritannien war seit 1973 EU-Mitglied, aber sehr viele träumten immer noch vom Weltreich der viktorianischen Zeit, das längst untergegangen war. Das knappe Ergebnis war aber vor allem darauf zurückzuführen, dass gerade junge Menschen, die mehrheitlich pro-europäisch unterwegs waren, nicht ausreichend zu Wahl gegangen sind. Großbritannien hat aber schon wenige Jahre später gemerkt, dass es eine Fehlentscheidung war.
Auch wir Deutschen haben den Brexit zu spüren bekommen, denn ca. 2.500 deutsche Unternehmen sind auf der Insel tätig. Der gemeinsame Handel hat natürlich gelitten. Der Weser-Kurier titelte am 8. Juli 2023: „Großbritannien ist der kranke Mann Europas“
Was lehrt uns das?
Europa wird nur dann frei, sicher und stark bleiben, wenn wir jeden Tag für die europäische Idee werben, ihre Vorteile herausstellen, ihre Schwächen abstellen und das Gemeinsame voranstellen. Europa muss immer das große Ganze sehen und sich nicht in Details verlieren.